Drei Fragen an Bernecker: Macht Tesla den deutschen Autobauern jetzt Feuer unterm Hintern, wie ist die Lage bei Leoni und wird es jemals einen europäischen Tech-Giganten geben?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach dem neuen Wirbel, den Tesla in der deutschen Autobranche verursacht, wie die Lage bei Leoni ist, und welches Potenzial im Europäischen Startup- und Technologiemarkt steckt.

onvista-Redaktion: Nun ist klar, Tesla wird sich vor den Toren der Hauptstadt Berlin und damit auch im Stammland der großen Autobauer niederlassen und einen Produktionsstandort, sowie ein Ingenieurs- und Designzentrum hochziehen. Wird diese räumliche Nähe für zusätzliche Konkurrenz und damit Innovationskraft sorgen?

Wenn TESLA mit einer Gigafactory nach Berlin kommt, hat das eine ähnliche Wirkung für die deutsche Autoszene, wie wenn Ronaldo oder Messi bei Herta BSC oder Fortuna Düsseldorf anheuern. Die Faszination liegt im Namen, im Produkt und in der klaren unternehmerischen Zielsetzung von Elon Musk. Für alle drei großen Automarken ist das eine dicke Herausforderung. Jetzt ist schlicht Ehrgeiz gefragt.

onvista-Redaktion: Leoni steckt weiter tief in den roten Zahlen un auch Continental hat zuletzt mit einem Milliardenverlust geschockt. Sind die Autozulieferer auf absehbare Zeit ein rotes Tuch für Anleger?

Alle Autozulieferer sind die Verlierer des laufenden Umbaus der deutschen Autoindustrie. Das ist in einigen Fällen schwierig, in anderen leichter, je nach dem Produktportfolio jeder Firma. Ohne rote Zahlen geht das nicht, um in schwarze Zahlen ab 2020 wieder zurückzukehren zu können. Das Kriterium dafür ist die Qualität des Managements. Noch einige Köpfe werden wohl rollen. Auch hier wirkt der Fall Tesla als deutliche Anregung. Insgesamt gilt: Man kauft, wenn es billig ist, ebenso wie Tomaten oder Gurken auf dem Wochenmarkt.

onvista-Redaktion: Teamviewer hat sich nach seinem verhaltenen IPO nach der Vorlage guter Zahlen aufgerappelt und scheint doch noch eine interessante Aktie zu werden. Ayden ist ein weiteres gutes Beispiel für einen starken Tech-Jüngling aus Europa. Europäische Tech-Startups gelten generell als interessant, vor allem aufgrund ihrer niedrigeren Bewertung im Vergleich zu ihren US-Pendants, was teilsweise auch an niedrigeren Miet- und Wohnkosten, sowie weiteren günstigen Faktoren in Europa liegt. Erst gestern hatte die VC-Gesellschaft Balderton Kapital angekündigt, einen weiteren 400 Millionen Dollar Tech-Fonds mit Fokus auf Europa aufzulegen. Wie sehen Sie das Potenzial dieses Marktes in Europa? Könnte unser Kontinent vielleicht doch bald einen Tech-Giganten hervorbringen, der es mit den FAANGs, oder den chinesischen Giganten wie Alibaba und Tencent aufnehmen kann?

Teamviewer hat eine gute Geschäftsidee, die sich glänzend beim Börsengang verkauft hat. Großaktionär Permira machte kräftig Kasse, aber der Marktwert von über 5 Mrd. € ist überzogen. Dieses Phänomen wird deshalb ein schwieriger Fall: Angemessene Bewertungen führen weiter. Überzogene Bewertungen werden ein Risiko für die Einschätzung solcher an sich interessanter Unternehmen. Die Amerikaner machen es anders: Sie präsentieren sich mit guten Konditionen und überlassen es dem Markt, die Preisfindung zu steuern. Mithin: Bei Tech-Unternehmen kommt es auf das Produkt und seinem möglichen Markt an. Der amerikanische ist diesbezüglich breiter und aufnahmefähiger. Der deutsche Markt bzw. der für Europa bleibt bescheiden, denn die Strahlkraft der kalifornischen Szene ist auf Europa leider nicht zu übertragen. Mithin verbleibt für Europa:  Die Nutzung  der neuen Technologie ist eine Möglichkeit, mit eigenen Produkten, die auf dieser Technik beruhen, eigene Märkte in Europa zu entwickeln. Dafür müsste es reichen. Leitlinie bleiben aber nun einmal die beiden genannten Regionen.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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