SPD stützt Paus-Forderung nach mehr Geld für Kinder

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- von Holger Hansen

Berlin (Reuters) - Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) erhält für ihre Forderung nach zwölf Milliarden Euro zur Einführung der Kindergrundsicherung Unterstützung aus der SPD-Spitze.

"Ich gehe davon aus, dass wir den Betrag von zwölf Milliarden Euro auch brauchen werden", sagte SPD-Co-Chefin Saskia Esken am Dienstag im ZDF. Im Finanzministerium von FDP-Chef Christian Lindner indes wurde darauf verwiesen, die finanziellen Grundlagen für die Grundsicherung seien mit Erhöhungen beim Kindergeld und beim Kinderzuschlag bereits gelegt. Die Grundsicherung sei daher nun "besonders eine Frage struktureller Verbesserungen".

Grünen-Vizefraktionschef Andreas Audretsch nahm Kanzler Olaf Scholz (SPD) in die Pflicht. "Nun ist es auch Aufgabe des Bundeskanzlers sicherzustellen, dass die Kindergrundsicherung Wirklichkeit wird", sagte Audretsch der Nachrichtenagentur Reuters. Jedes fünfte Kind lebe in Armut. "Viele davon hätten Anspruch auf Unterstützung, die nie bei ihnen ankommt", sagte Audretsch - weil die Systeme zu bürokratisch seien und viele gar nicht wüssten, was ihnen zustehe: "Allein das zu ändern wird einen ordentlichen Milliarden-Betrag erfordern."

ZWÖLF ODER SIEBEN MRD EURO - PAUS ODER LINDNER

Paus hat für die ab 2025 geplante Kindergrundsicherung jährliche Mehrkosten von zwölf Milliarden Euro angemeldet und dies als "Untergrenze" bezeichnet. Lindner macht geltend, er sehe kaum finanziellen Spielraum dafür. Der Finanzminister legte am Dienstag per Twitter nach. "Immer höhere Sozialtransfers helfen Familien nicht weiter", erklärte Lindner. Vielmehr sollten insbesondere Spracherwerb und Bildung bei den Eltern gefördert werden: "Kinderarmut ist oft in der Bildungs- und Erwerbsarmut der Eltern begründet."

Lindners Ministerium verweist darauf, dass durch Beschlüsse unter der Ampel-Regierung die Leistungen für Kinder bereits um rund sieben Milliarden Euro gestiegen seien. Die Anhebung des Kindergeldes auf 250 Euro und des Kinderfreibetrages bei der Steuer schlage mit rund 5,28 Milliarden Euro zu Buche. Die Anhebung des Kinderzuschlages um 21 Euro auf bis zu 250 Euro sowie die Ausweitung der Anspruchsberechtigten bedeuteten eine Entlastung von etwa 400 Millionen Euro. Der Sofortzuschlag von 20 Euro für Kinder in Armut sowie die Erhöhung der Regelsätze im Bürgergeld machten zusammen rund 1,26 Milliarden Euro aus. "Die Kindergrundsicherung ist deshalb nun besonders eine Frage struktureller Verbesserungen, die Fehlanreize verhindert und gleichzeitig für eine bessere Inanspruchnahme verfügbarer Mittel sorgt", hieß es weiter im Finanzministerium.

Das Familienministerium hat bisher nicht im Detail dargelegt, woraus die von Paus geltend gemachten Mehrkosten von zwölf Milliarden Euro resultieren. Als ein Grund wird genannt, dass der Kinderzuschlag nach früheren Schätzungen derzeit nur von einem Drittel der Anspruchsberechtigten abgerufen wird. Diese Zahl werde sich bei dem geplanten automatisierten Verfahren deutlich erhöhen. In der Koalition ist die Rede von einem Mehrbetrag allein hierfür von etwa fünf Milliarden Euro. Für den Kinderzuschlag wurden 2022 rund 1,3 Milliarden Euro ausgegeben. Gezahlt wurde er zuletzt für rund 800.000 Kinder.

Zudem ist im Koalitionsvertrag vereinbart, dass das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern neu definiert werden soll. Auch das dürfte zu höheren Zahlungen führen. Die Kindergrundsicherung soll im wesentlichen bisherige Leistungen wie Kindergeld, die Bürgergeldzahlungen für Kinder, den Kinderzuschlag sowie Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bündeln. Bereits vor über einem Jahr hat die Bundesregierung eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt zu den Details. Über den Entwurf eines Eckpunktepapiers ist die Gruppe bisher nicht hinausgekommen. Eigentlich sollten die Eckpunkte im Februar beschlossen werden.

Esken sagte, es komme vor allem darauf an, wirklich alle Kinder und ihre Familien zu erreichen, die diese Unterstützung bräuchten. Die Kindergrundsicherung werde auf jeden Fall 2025 kommen. "Wir sind ja verabredet dazu, mit der Kindergrundsicherung die Kinderarmut in Deutschland zu überwinden", sagte Esken mit Blick auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. "Das werden wir auch umsetzen, ganz klar."

(redigiert von Kerstin DörrBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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