Verband - Flugbetrieb stabilisiert sich, Personalsorgen bleiben

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Frankfurt (Reuters) - Flugreisende in Deutschland werden nach Angaben des Branchenverbands BDL in diesem Sommer reibungsloser abgefertigt als im teils chaotischen Vorjahr.

Dank intensiver Vorbereitungen der Branche sei der Start in die Ferienzeit ohne größere Störungen und Wartezeiten gelungen, erklärte der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) am Dienstag. Obwohl die Beschäftigung nach dem Kahlschlag wegen der Corona-Krise in der Luftfahrt wieder steigt, gebe es nach wie vor Personal-Engpässe. Die Rekrutierung sei bei einem Arbeitsmarkt nahe Vollbeschäftigung schwierig, sagte BDL-Geschäftsführer Matthias von Randow. Höhere Gehälter allein lösten das nicht. "Es bedarf der Erkenntnis, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist." Es sei daher sinnvoll, dass die Bundesregierung die Zuwanderung von Fachkräften erleichtere.

Auch beim Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport ist Personalmangel in der Abfertigung einer der Faktoren, der eine Rückkehr auf Vorkrisenniveau bremst. Im vergangenen Jahr litten viele Reisende unter Flugausfällen und -verspätungen sowie langen Wartezeiten an Check-in, Sicherheitskontrolle oder Gepäckband. Denn der Personalaufbau im Flugbetrieb hatte mit der stark steigenden Angebot nach Ende der Pandemie nicht Schritt gehalten.

Die Pünktlichkeit habe sich um fast ein Fünftel verbessert, über 60 Prozent der Flüge hätten mit weniger als 15 Minuten Verspätung abgehoben, erklärte der BDL. Dabei schlugen sich massive Probleme der neuen Airline Marabu nieder. Als normal gilt in der Branche eine Pünktlichkeitsquote von mindestens 80 Prozent.

DEUTSCHLAND HEBT LANGSAMER AB

Im ersten Halbjahr zählten die deutschen Flughäfen knapp 88 Millionen Passagiere. Das waren 28 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, als im Frühjahr die Reisebeschränkungen während der Corona-Pandemie den Flugbetrieb noch bremsten. Im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 erreichte Deutschland ein Niveau von 74 Prozent, im zweiten Halbjahr sollen es bis zu 85 Prozent werden. In Europa insgesamt hat das Passagiervolumen bereits in der ersten Jahreshälfte 90 Prozent erreicht.

Am stärksten erholte sich in Deutschland der Langstreckenverkehr nach Nordamerika. Bei Europa- und Inlandsflügen ist das Wachstum geringer. Grund ist zum einen das geringere deutsche Angebot der Billigflieger Ryanair und Easyjet, die über zu hohe Steuern und Gebühren in Deutschland klagen. "Während das Angebot dieser Fluggesellschaften in Europa insgesamt mit 103 Prozent bereits das Niveau von 2019 übersteigt, beträgt es in Deutschland lediglich 63 Prozent", erklärte der BDL.

Zum anderen dünnte die Lufthansa das Angebot von Inlandsflügen aus, indem Zubringerflüge zum Drehkreuz Frankfurt etwa durch Zugverbindungen ersetzt wurden. Da die Verlagerung auf die Schiene bewusst vorangetrieben werde, gerade auch im Sinne des Klimaschutzes, werden Inlandsflüge nach Einschätzung des BDL das Vorkrisenniveau nicht wieder erreichen.

STANDORT ZU TEUER?

Sorge bereitet der Luftverkehrswirtschaft die Verlagerung von Passagierströmen an Drehkreuze außerhalb der EU wie Istanbul, Dubai oder Doha - vor allem bei Asien-Flügen. Dank staatlicher Förderung könnten diese günstiger anbieten. Ihr Anteil an Umsteigern aus Europa sei von 2019 bis 2023 von 38 auf 55 Prozent gestiegen. Belastungen des Luftverkehrs in Deutschland und Europa hätten Airlines und Drehkreuze außerhalb der EU einen Vorteil gebracht. Das sei eine Fehlentwicklung, die dringend korrigiert werden müsse, forderte von Randow. So setze sich der Verband dafür ein, im Rahmen der EU-Klimaschutzgesetze im Luftverkehr eine Abgabe von außereuropäischen Wettbewerbern zu erheben, die keine vergleichbaren Klimaauflagen erfüllen müssen.

Auf Entlastung dringt die Branche auch bei der Bundesregierung. Die Flugsicherungsgebühren wurden in den vergangenen zwei Jahren fast verdoppelt, weil die Deutsche Flugsicherung (DFS) gut eine Milliarde Verlust aus der Corona-Zeit über höhere Gebühren für die Airlines wieder hereinholen muss. DFS-Chef Arndt Schoenemann erklärte im Interview mit Reuters, das liege an einer EU-Regulierung, für die es aber nationalen Spielraum gebe. Dem BDL zufolge glichen andere Staaten in Europa diese Verluste aus. Für eine Entlastung setzt sich auch die DFS bei der Bundesregierung ein, sagte Behördenchef Schoenemann. "Wir haben ein gemeinsames Interesse. Ich sehe mich mit in der Verantwortung, unseren Standort zu stärken", ergänzte er.

(Bericht von Ilona Wissenbach. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)

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