Dax: Brexit Hoffnungen schwinden – Leitindex fährt wieder Achterbahn

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Gegen Mittag wechselt der deutsche Leitindex wieder bevorzugt seine Vorzeichen. Nachdem er optimistisch in den Tag gestartet war, setzt sich wohl immer mehr die Annahme durch, dass die Abstimmung im britischen Parlament noch kein Schritt in Richtung sanfter Brexit war. Nach dem Votum haben gleich mehrere Minister ihren Rücktritt erklärt.

Ein Schritt vor – drei Schritte zurück

Nachdem das britische Kabinett am Mittwochabend grünes Licht für den EU-Ausstiegsvertrag erteilt hatte, traten Brexit-Minister Dominic Raab, Nordirland-Minister Shailesh Vara und Arbeitsministerin Esther McVey am Donnerstag aus Protest zurück.

Stimmung dreht ganz schnell

Das Pfund Sterling ging daraufhin in die Knie und fiel um 1,7 Prozent auf ein Zwei-Wochen-Tief von 1,2775 Dollar. Am Aktienmarkt rutschten Dax und EuroStoxx ins Minus: am Vormittag notierte der deutsche Leitindex 0,3 Prozent schwächer bei 11.379 Punkten, sein europäisches Pendant lag 0,4 Prozent im Minus bei 3191 Zählern.

Theresa May wohl endgültig angezählt

Vor allem der Rücktritt Raabs ist nach Ansicht von Marktbeobachtern ein herber Schlag für Premierministerin Theresa May. „Der Brexit-Deal ist nach Raabs Rückzug eine Totgeburt und das könnte das Ende für May sein“, sagte Marktanalyst Naeem Aslam vom Brokerhaus Think Markets. Weitere Kabinettsmitglieder könnten ihren Hut nehmen.

Analyst Uwe Streich von der Landesbank Baden-Württemberg sieht einen „langen und steinigen Weg“. Die wohl größte Hürde werde die Abstimmung im Unterhaus, in dem Mays Konservative 315 Abgeordnete stellen. Für eine Mehrheit sind 320 Stimmen nötig. EU-Ratspräsident Donald Tusk hat einen EU-Sondergipfel für den 25. November einberufen.

Auch EU tritt auf die Euphorie-Bremse

EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier gab sich trotz des Erfolges vorsichtig. „Die Vereinbarung ist ein entscheidender Schritt, um die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen“, sagte der Franzose. Das Königreich sei dem geordneten Brexit näher gekommen, doch liege noch viel Arbeit vor beiden Seiten. Ein Chaos-Brexit sei nicht immer noch nicht auszuschließen.

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Banken unter Druck

In London gingen Bankenwerte auf Talfahrt, Barclays und RBS verloren je mehr als sechs Prozent. Auch Einzelhandelstitel wie Marks & Spencer und Aktien der Baubranche wie Barrat Development, Persimmon oder Taylor Wimpey mussten Federn lassen. Der Londoner Leitindex gab ein halbes Prozent ab.

Hierzulande stehen die Deutsche Bank und die Commerzbank auch nicht gut da. Das Geldhaus aus dem Dax verliert über ein Prozent und die in den MDax abgestiegene Commerzbank geht über 2 Prozent in die Knie.

Investoren auf der Flucht?

Anleger retteten sich in als sichere Häfen geltende Anlagen wie deutsche Bundesanleihen. Die Rendite der zehnjährigen Anleihe sank um mehr als drei Basispunkte auf 0,36 Prozent.

Brexit nicht das einzige Problem

Andere Belastungsfaktoren für die Börsen wie der Haushaltsstreit zwischen Italien und der EU sowie der von den USA angezettelte Handelskonflikt existierten ebenfalls noch weiter, sagten die Analysten der Helaba.

Autobauer wieder unter Druck

Schwindende Hoffnungen von Anlegern auf Steuererleichterungen für die Autobranche in China brachten die Aktien von europäischen Autowerten ins Straucheln. Die Titel von Volkswagen, Daimler, BMW und Continental rutschten um zwei bis drei Prozent ab und standen damit auf der Verliererseite im Dax ganz oben. In Frankreich gaben die Papiere von Peugeot und Renault bis zu 2,3 Prozent nach. Die Aktien von Fiat Chrysler fielen an der Börse in Mailand zeitweise um 1,2 Prozent.

China rudert zurück

Die Regierung in Peking will die beim Autokauf anfallenden Steuern von zehn Prozent doch nicht auf fünf Prozent reduzieren. Dies war ursprünglich einmal im Gespräch, um den schwächelnden Automarkt in der Volksrepublik anzukurbeln.

K+S dick im Plus

Beim Salz- und Düngemittelhersteller K+S stiegen Anleger trotz erneut gesenkter Jahresziele ein. Das dritte Quartal sei nicht so schlimm ausgefallen wie befürchtet, sagte ein Händler. Die Aktien kletterten um bis zu 4,8 Prozent auf 17,80 Euro.

Von Markus Weingran

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Foto: Sebastian Kaulitzki / Shutterstock.com

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