Aktienmarkt: „Beim Dax brechen derzeit alle Dämme“ ++ Wirecard: Neue Kooperation mit Klarna verkündet ++ MAN: 6000 Arbeitsplätze in Gefahr
Der Ausverkauf am deutschen Aktienmarkt setzt sich heute mit Hochdruck fort. Der Dax kann die Marke von 10.000 Punkten nicht halten. Die bereits strapazierten Nerven der Anleger liegen wieder blank, seit die Weltgesundheitsorganisation die sich zusehends weltweit verbreitende Virusseuche als Pandemie einstuft und die USA einen Einreisestopp für Europäer verhängt haben.
In den Handel ging der Leitindex mit einem Minus von 5,48 Prozent bei 9867,11 Punkten. Seit dem Rekordhoch Mitte Februar summieren sich die Kursverluste nun schon auf rund 30 Prozent.
„Beim Dax brechen derzeit alle Dämme.“ So lautet das Fazit der Chartexperten der UBS in ihrem Morgenkommentar am Donnerstag. Mit dem Rutsch unter die runde Marke von 10.000 Punkten komme nun die „massive Unterstützung bei 9340 Punkten“ ins Spiel. „Langfristig könnten 8.000 und 6.500 Punkte folgen“, zeichnen die Schweizer ein düsteres Bild für den deutschen Leitindex.
US-Einreise-Embargo sorgt für Nervosität
Kräftige Verluste von ebenfalls 6 Prozent musste auch der EuroStoxx 50 hinnehmen. In Asien ging es bereits deutlich abwärts. In den USA weist der Future auf den Dow Jones Industrial ebenfalls auf einen sehr schwachen Börsenstart an der Wall Street, nachdem der Dow bereits am Vortag um fast 6 Prozent abgesackt war.
„Wir werden alle Reisen von Europa in die USA für die nächsten 30 Tage aussetzen“, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend (Ortszeit) in einer Ansprache an die Nation. Ausgenommen seien Reisende aus Großbritannien. Aus Europa kommende Amerikaner müssten sich entsprechenden Tests unterziehen. Die Maßnahme gilt nach Angaben des Weißen Hauses ab 23.59 Uhr am Freitag (4.59 Uhr MEZ am Samstag).
„Die Reisebeschränkungen sind ein massiver Eingriff und zeigen, wie alarmiert das Weiße Haus ist“, kommentierte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. Beim Konjunkturpaket sehe es zugleich so aus, als würden die Anleger Trump erst glauben, wenn er Fakten auf den Tisch legt. „Heute ist Christine Lagarde am Zug. Die Aufgabe der EZB-Präsidentin ist nicht einfach. Die Börsianer positiv zu überraschen dürfte extrem schwierig werden.“
Neben dem US-Einreisestopp gab es schlechte Nachrichten aus Italien, dem in Europa am stärksten vom neuartigen Coronavirus betroffenen Land. Dort hat sich die Lage verschärft. Die Regierung ordnete am Mittwochabend nach einem starken Anstieg der Todesfälle weitere Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus an und schließt Bars und Restaurants sowie fast alle Geschäfte. Nur Lebensmittelläden und Apotheken seien weiter geöffnet, erklärte Premierminister Giuseppe Conte. Alle nicht notwendigen Geschäftsaktivitäten müssten eingestellt werden. Alle Unternehmensabteilungen, die nicht für die Produktion unverzichtbar seien, müssten schließen.
Kurz und knapp:
Wirecard: Wirecard und Klarna, einer der weltweit führenden globalen Zahlungs- und Shopping-Anbieter, haben heute in einer Pressemitteilung den gemeinsamen Start einer neuen, erweiterten Bezahllösung bekannt gegeben. Alle drei Klarna-Shopping-Methoden - Sofort bezahlen, Kauf auf Rechnung und Ratenkauf – können jetzt von Händlern mit einer einzigen Integration über die digitale Plattform von Wirecard in den Checkout eingebettet werden. Damit können der durchschnittliche Bestellwert und die Umsätze gesteigert werden und Händler ihr Wachstum antreiben. Als zentrale Anlaufstelle für Händler stellt Wirecard sicher, dass Klarna als Zahlungsoption problemlos in das Checkout-System integriert wird, und wickelt alle nachfolgenden Zahlungen über Klarna ab. Händler, die die All-in-One-Integration nutzen, können ihren Kunden in neun Märkten (Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark, Schweiz, Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien) die gesamte Palette der Klarna-Zahlungsmethoden anbieten. Im Laufe des Jahres sollen weitere Länder folgen, darunter die USA und Australien. Darüber hinaus decken Wirecard und Klarna jeweilig das Risiko auf Händler- und Verbraucherseite ab, so dass Zahlungen garantiert sind, heißt es in der Pressemitteilung.
RWE: Der Energiekonzern RWE hat im vergangenen Geschäftsjahr seinen Gewinn deutlich gesteigert. Der im Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sei auf 2,1 Milliarden Euro von 1,5 Milliarden Euro verbessert worden, teilte der Konzern am Donnerstag mit. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 80 Cent je Aktie erhalten nach 70 Cent im Vorjahr. Für 2020 peilt der Konzern eine Dividende von 85 Cent je Papier und ein Ebitda von 2,7 bis 3,0 Milliarden Euro an.
Fraport: Die Papiere des Flughafenbetreibers Fraport stehen nach Verkehrszahlen im Blick und gaben um 4 Prozent nach. Die Angst vor dem neuartigen Coronavirus hat im Februar am Frankfurter Flughafen durchgeschlagen. Die Passagierzahl ging zurück, vor allem in der letzten Februarwoche. „Diese negative Dynamik hat sich in der ersten Märzwoche sogar verstärkt“, informierte das MDax-Unternehmen. Ein Händler nannte die Zahlen „gemischt“.
K+S: Der Dünger- und Chemiekonzern K+S hat die Nettoverschuldung im vergangenen Jahr angesichts träger Geschäfte nur leicht reduziert. Per Ende 2019 beliefen sich die Nettofinanzschulden auf rund 3,12 Milliarden Euro nach 3,24 Milliarden Euro im Vorjahr, wie der Konzern am Donnerstag bei der Vorlage der endgültigen Zahlen in Kassel mitteilte. Der damit immer noch hoch verschuldete MDax-Konzern hatte bereits zur Wochenmitte Eckdaten für 2019 vorgelegt und den Verkauf des amerikanischen Salzgeschäfts angekündigt. Dadurch soll die Verschuldung bis Ende 2021 um deutlich mehr als 2 Milliarden Euro abgebaut werden. Die Aktien hatten daraufhin zugelegt. Wie K+S am Donnerstag weiter mitteilte, fiel das bereinigte Konzernergebnis 2019 um knapp 9 Prozent auf 77,8 Millionen Euro. Der Rückgang resultierte aus Effekten im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften. Operativ hatte der Konzern wie bereits bekannt hingegen leicht zugelegt – allerdings im Vergleich zu einem besonders schwachen Jahr 2018. So stieg bei einem stabilen Umsatz von rund 4 Milliarden Euro das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2019 um rund 6 Prozent auf 640 Millionen Euro.
BMW: Der Vorstandsumbau beim Autobauer BMW geht laut einem Pressebericht weiter. Der derzeitige Entwicklungschef Klaus Fröhlich wolle seinen Vertrag nicht verlängern und Ende Juni aus dem Vorstand ausscheiden, schreibt das „Manager Magazin“ (MM) am Donnerstag und beruft sich auf Unternehmenskreise. Nachfolger werde Frank Weber, der bisher in der Entwicklung für die großen Baureihen wie den 7er-BMW zuständig ist. Fröhlich wird im Juni 60 Jahre alt und erreicht damit die ungeschriebene Altersgrenze für BMW-Vorstände. Er ist seit Dezember 2014 Mitglied des Vorstands und galt vor der Berufung von Oliver Zipse zum Konzernchef im August ebenfalls als Kandidat auf die Nachfolge von dessen Vorgänger Harald Krüger. Von BMW war zunächst keine Stellungnahme zu dem Bericht zu erhalten.
MAN: Der zum Volkswagen-Konzern gehörende Lastwagenbauer MAN will einem Bericht zufolge ein Sechstel seiner Arbeitsplätze abbauen. Firmenweit seien 6000 Arbeitsplätze akut gefährdet, berichtete das „Handelsblatt“ am Donnerstag unter Berufung auf Konzernkreise. Diese Zahl habe der Vorstand dem Betriebsrat bei einem Konsultationstreffen mitgeteilt. Der Stellenabbau soll dem Bericht zufolge über Fluktuation und Abfindungen gestemmt werden. Das Unternehmen hatte Anfang der Woche einen massiven Stellenabbau angekündigt, ohne Details zu nennen. Unternehmenschef Joachim Drees sprach von einem „signifikanten Stellenabbau“, vor allem in der Verwaltung. Vorstand und Betriebsrat verhandelten derzeit darüber, welche Maßnahmen umgesetzt würden. Die MAN Truck und Bus SE beschäftigt weltweit rund 36.000 Mitarbeiter – davon 21.000 in Bayern.
onvista/dpa-AFX/reuters
Titelfoto: Sebastian Kaulitzki / Shutterstock.com
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