Kolumne

Bitcoin: Großes „Sell the News“-Event im Januar?

decentralist.de · Uhr
Quelle: Igor Batrakov/Shutterstock.com

Bitcoin arbeitet im Dezember an einem glänzenden Jahresabschluss, nachdem die Kryptowährung im Verlauf des Jahres 2023 bereits enorme Fortschritte machen konnte. Seit dem Tief aus November 2022 bei einem Stand von 15.500 Dollar konnte Bitcoin einen Zuwachs von 170 Prozent verzeichnen und hat zuletzt die runde Marke von 40.000 Dollar zurückerobert.

Quelle: Tradingview

Mit der jüngsten Rally konnte der Kurs zudem die Widerstandszone zwischen 38.000 und 40.000 Dollar in einen charttechnischen Support umwandeln. Derzeit nähert sich der Kurs dem nächsten maßgeblichen Widerstand im Bereich zwischen 45.000 und 46.000 Dollar an.

Drei Gründe für den Preisanstieg

Die Gründe für den Preisanstieg sind vielfältig. Hauptsächlich werden am Markt derzeit drei Preistreiber diskutiert. Zum einen das nächste anstehende Bitcoin-Halving, welches uns im April 2024 erwartet und bei der Gleichung von Angebot und Nachfrage erneut die Angebotsseite halbieren wird und damit einen positiven Einfluss auf die Preisentwicklung nehmen könnte, da die Nachfrage weiter steigt. Zum anderen liefert das makroökonomische Bild Rückenwind für Bitcoin – und das aus zwei sehr unterschiedlichen Richtungen. Es ist zumindest in Ansätzen erkennbar, dass Bitcoin in seiner Rolle als autonomes Netzwerk und nicht inflationierbarer, unabhängiger Wertspeicher attraktiver wird. Die im März ausgebrochene Bankenkrise in den USA, die Turbulenzen an den Anleihemärkten, die zunehmend außer Kontrolle geratende Schuldensituation der USA und wachsende geopolitische Unsicherheiten stärken die Qualitäten von Bitcoin als Risk-Off-Asset in den Augen vieler Anleger.

Gleichzeitig hat sich nach dem langen Bärenmarkt in 2022 das Umfeld für Risk-On-Assets wieder deutlich verbessert. Die Zinserhöhungsphase der US-Notenbank gilt in den Augen eines Großteils der Marktteilnehmer als abgeschlossen. Weltweit wechseln Zentralbanken nun wieder zunehmend in eine Phase der geldpolitischen Lockerung, was eine Steigerung der Liquidität an den Finanzmärkten bewirkt. Ein signifikanter Teil dieser Liquidität wird erneut ihren Weg in Risk-On-Assets finden. 

Bitcoin hat in der Vergangenheit extrem von diesem Umstand profitiert. Auch jetzt orientiert sich der Bitcoin-Preis wieder eng an der globalen Zentralbankliquidität. Die genauen Zusammenhänge zwischen dem Bitcoin-Preis und der Zentralbankliquidität können Sie in einer meiner früheren Kolumnen nachvollziehen.

Der folgende Chart präsentiert eine exzellente Zusammenfassung dieser Dynamik. Zu sehen ist die jährliche prozentuale Veränderung der globalen Geldmenge. Diese wird ins Verhältnis gesetzt mit der Preisrelation zwischen Bitcoin und dem Nasdaq.

Quelle: Tradingview

Der Chart zeigt eindrucksvoll, dass Bitcoin sich einerseits sehr eng an der Liquiditätsentwicklung orientiert und andererseits sogar Tech-Aktien outperformed, die in einem solchen Umfeld ebenfalls stark profitieren.

Der prominenteste Kurstreiber ist derzeit jedoch definitiv die Hoffnung auf eine baldige Zulassung für einen Bitcoin-Spot-ETF in den USA. Spätestens seitdem BlackRock, der größte Vermögensverwalter der Welt, im Sommer seinen Hut in den Ring geworfen hat, sind die Chancen auf eine Zulassung deutlich gestiegen. Das jüngste Kapitel in der Saga um Binance, der größten Kryptobörse der Welt und Konkurrenz für die Wall Street, könnte ebenfalls dazu beigetragen haben, dass der Weg nun endgültig frei ist. 

Die finale Deadline für eine Entscheidung auf eine Zulassung durch die US-Börsenaufsicht von gleich mehreren ETF-Anträgen liegt im Januar 2024. Ein Großteil des Marktes geht davon aus, dass spätestens dann eine Zulassung erfolgen wird. Der Hype um eine Zulassung war in diesem Jahr einer der größten Treiber für den Preis, da am Markt die Hoffnung besteht, dass ein reguliertes Produkt die Schleusen für eine riesige Menge an institutionellem Kapital öffnen wird und daraufhin Marktteilnehmer in den Krypto-Markt einsteigen, die vorher an den regulatorischen Hürden gescheitert sind. Im Kielwasser eines Bitcoin-ETFs könnten weitere Investmentvehikel für institutionelle Investoren folgen, die auch ein Investment in andere Krypto-Assets möglich machen. Ein Beispiel: Mit Ark Invest und BlackRock haben bereits zwei Unternehmen ebenfalls die Zulassung für einen Ethereum-Spot-ETF beantragt.

Steht im Januar eine deutliche Korrektur an?

Derzeit macht der Bitcoin-Kurs Anstalten, zurück bis an wichtige charttechnische Marken aus dem letzten Bullenmarkt zu klettern. Sollte das Momentum anhalten, könnte der Preis bis Jahresende an der Marke von 48.000 oder sogar 50.000 Dollar kratzen. Allerdings ist es diskutabel, ob eine tatsächliche Zulassung im Januar die Rally weiter befeuern wird. Ein großer Faktor für die derzeitige Rally ist die starke Erwartungshaltung des Marktes, dass eine Zulassung kommen wird. Daher wäre um den Termin im Januar ein „Sell the News“-Event durchaus möglich, da bis dahin bereits alle Erwartungshaltungen eingepreist sind.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die erhoffte Welle an institutionellem Kapital sofort über die Kanäle des ETFs in den Markt fließen wird. Dieser Prozess dürfte sich eher über die folgenden Monate, vielleicht sogar Jahre ziehen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Finanzmärkte ist es der Fall, dass Retail-Investoren den großen Playern an der Wall Street zuvorkommen konnten. Der einschränkungslose Zugang zur Krypto-Welt hat das ermöglicht. Institutionelle Investoren wissen das, doch sie sind sich des großen Potenzials hinter Bitcoin und dem restlichen Sektor ebenfalls bewusst, deswegen wird das Engagement der großen Spieler trotzdem kommen. Sie werden sich jedoch nicht von FOMO getrieben auf den Markt stürzen, sobald die Tür offen ist. Das zu glauben wäre ein fataler Denkfehler – und sollte dementsprechend in der eigenen Investment-Strategie berücksichtigt werden.

Sollte im Januar wider Erwarten eine Ablehnung der ETF-Anträge folgen, dann besteht hingegen eine ganze Menge Korrektur-Potenzial, denn dieses Szenario ist anhand der derzeitigen Kurse nicht im Mindesten mehr eingepreist. Dementsprechend könnte sich in solch einem Fall sogar eine starke Kaufgelegenheit für Bitcoin eröffnen, denn langfristig ist der ETF bei weitem nicht der größte Preistreiber und die weiter oben genannten Gründe sprechen dafür, dass sich der Bitcoin- und Krypto-Bullenmarkt auch ohne einen ETF entfalten wird. 

Blick auf das langfristige Bild

Die Liquiditätszyklen der Zentralbanken sind bereits seit Jahren der größte marktbewegende Faktor, nicht nur für Krypto-Assets, sondern für sämtliche Vermögenswerte an den Finanzmärkten. Nach der Pandemie ist dieser Einfluss noch einmal stärker geworden. Und das Pendel bewegt sich bereits wieder deutlich in Richtung des nächsten Liquiditäts- und Refinanzierungszyklus an den globalen Finanzmärkten. Es braucht nicht unbedingt einen in den USA regulierten Spot-ETF, um in Bitcoin zu investieren. Das gilt für institutionelle Investoren und das gilt ganz besonders für Privatinvestoren. Die derzeitige Richtung des Makro-Umfelds wird auch so genug Gründe liefern, die die Attraktivität von Bitcoin als Investment umso größer werden lassen. Ausgehend davon sollte man sich als Investor von einer im Januar eventuell stattfindenden Korrektur nicht auf dem falschen Fuß erwischen lassen. Aus den genannten Gründen ist ein solches Szenario plausibel, an der langfristig positiven Aussicht für Bitcoin ändert das jedoch nichts.

Denken Sie langfristig!

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