Dax holt am US-Wahltag weiter kräftig auf – freuen die Märkte sich zu früh? ++ Rohöl und Gold gefragt – Dollar unter Druck ++ Luftfahrt-Sektor deutlich erholt und schwerer Rückschlag für Ant-Börsengang

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In der Hoffnung auf frischen Wind für die Weltwirtschaft nach der US-Präsidentenwahl decken sich Anleger mit Aktien ein. Dax und EuroStoxx50 stiegen am Dienstag um jeweils gut zweieinhalb Prozent auf 12.088,98 und 3097,62 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones rückte ähnlich weit vor.

Investoren wetteten im Vertrauen auf die aktuellen Umfragen auf ein Ideal-Szenario, bei dem Joe Biden das Weiße Haus erobert und seine Demokraten zusätzlich zum Repräsentantenhaus auch im Senat die Mehrheit stellen, sagte Anlagestratege Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Dieser Wahlausgang wäre die Grundlage für die erhofften umfangreichen zusätzlichen Konjunkturhilfen zur Abfederung der Coronavirus-Folgen.

Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com, warnte vor überzogenem Optimismus. „Vorsicht mit Nachwahl-Befragungen. Sie haben nicht die beste Erfolgsbilanz.“ Wegen der enormen Zahl an Briefwahl-Stimmen seien Verzögerungen bei der Auszählung unausweichlich. Ein weiteres Risiko seien Anfechtungsklagen, gab Analyst Timo Emden von Emden Research zu bedenken. „Denn der amtierende Präsident Donald Trump hatte im Vorfeld mehrfach angekündigt, im Falle eines knappen Wahlsieges Bidens sich nicht kampflos ergeben zu wollen.“

Rohöl und Gold gefragt – Dollar unter Druck

Die Hoffnung auf einen Wachstumsschub spiegelte sich auch im Ölpreis wider. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich um 1,4 Prozent auf 39,50 Dollar je Barrel (159 Liter). Sie profitierte außerdem von den anhaltenden Spekulationen auf eine Verlängerung der aktuellen Förderbremse durch das Exportkartell Opec+, sagte Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg. Industriemetalle waren ebenfalls gefragt. Kupfer legte ein gutes Prozent auf 6836 Dollar je Tonne zu. Bei konjunkturabhängigen Aktienwerten griffen Investoren gleichermaßen zu. So stiegen die europäischen Indizes für die Banken- und Auto-Branche um bis zu 4,5 Prozent.

Unterdessen legte der Goldpreis 0,6 Prozent auf 1906 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zu. Auftrieb erhielt er Börsianern zufolge von der Abwertung des Dollar, die das Edelmetall für Investoren außerhalb der USA attraktiver macht. Der Dollar-Index, der den Kurs zu anderen wichtigen Währungen widerspiegelt, büßte 0,8 Prozent ein. Eine drohende ausufernde Neuverschuldung zur Finanzierung von Konjunkturhilfen sowie die Festlegung der US-Notenbank auf eine langfristige Nullzins-Politik sehen Experten als Belastungsfaktoren.

Hugo Boss bei den Anlegern gefragt – Ferrari auf der Überholspur

Am deutschen Aktienmarkt gehörte Hugo Boss mit einem Kursplus von mehr als zwei Prozent zu den Favoriten. Der Quartalsumsatz des Modekonzerns sei zwar hinter den Erwartungen zurückgeblieben, konstatierte Analystin Kathryn Parker von der Investmentbank Jefferies. Dank strikter Kostenkontrolle sei der operative Gewinn aber etwa doppelt so hoch ausgefallen wie vorhergesagt.

Auch bei Ferrari schlugen sich Einsparungen in einem überraschend hohen Betriebsergebnis nieder. Wichtiger sei aber, dass der Sportwagenbauer nun ein Gesamtjahresergebnis am oberen Ende der angepeilten Spanne erwarte, sagte ein Börsianer. Ferrari-Titel stiegen in Mailand um fast sieben Prozent.

Bayer unter Druck

In der Berichtssaison ging es auch weiter mit Zahlen von Bayer aus dem Dax. Bayer erlitt wegen eines schwierigen Agrargeschäfts auch im dritten Quartal einen Milliardenverlust und verfehlte sogar die zuletzt gekappten Markterwartungen. Im Zuge der am späten Nachmittag zunehmenden Börseneuphorie gelang es den Papieren dennoch, ihre Tagesverluste abzuschütteln. Sie legten letztlich um 0,4 Prozent zu.

Luftfahrt-Sektor erholt sich deutlich

Die allgemein als Corona-Krisenverlierer geltenden Aktien aus dem Luftfahrtsektor stiegen indes besonders deutlich. Im Dax nahmen die Titel des Triebwerksherstellers MTU mit plus 5,5 Prozent die Spitze ein. Im MDax waren der Flugzeugbauer Airbus mit plus 5,1 Prozent, der Flughafenbetreiber Fraport mit plus 5,3 Prozent und die Fluggesellschaft Lufthansa mit plus 5,6 Prozent die besten Werte.

Krisengewinner haben Pech

Dagegen hatten diesmal die Krisengewinner das Nachsehen: Die Papiere des Kochboxenversenders Hellofresh etwa verloren 1,2 Prozent. Teamviewer sanken am MDax-Ende um 2,0 Prozent und Shop Apotheke verloren 1,2 Prozent.

Gemischte Zahlen aus dem Stahlsektor

Die Aktien des Stahlhändlers Klöckner & Co gewannen nach vorgelegten starken Quartalszahlen im SDax 2,9 Prozent, während Salzgitter ihre Gewinne wieder abgaben und 0,4 Prozent schwächer schlossen. Auslöser waren die konkretisierten Jahresziele des Stahlherstellers. „Jeder Bereich des Unternehmens außer Aurubis wird wahrscheinlich im negativen Bereich bleiben“, kommentierte Analyst Christian Obst von der Baader Bank. Krones indes setzten nach vorgelegtem Quartalsbericht samt eines erfreulichen Auftragseingangs für den Abfüllanlagen-Hersteller ihre Kurserholung mit Schwung fort und beendeten den Handelstag gut drei Prozent höher.

Ant-Börsengang abgesagt

Unterdessen durchkreuzten die Börsen Shanghai und Hongkong die Börsenpläne von Ant. Weil der chinesische Finanzdienstleister Offenlegungspflichten wohl nicht erfülle, wird der Konzern den Angaben zufolge vorerst nicht an diesen Handelsplätzen gelistet. Mit einem Emissionsvolumen 37 Milliarden Dollar wäre dies der weltweit größte Börsengang geworden. Die in den USA notierten Aktien der Ant-Mutter Alibaba fielen zeitweise um knapp zehn Prozent und steuerten auf den größten Tagesverlust der Firmengeschichte zu.

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